ABS – Die Blockade lösen ?

Keine Liebe auf den ersten Blick, ganz sicher nicht.
Schon dieser Name! ABS ist nicht etwa ein 3D-Anti-Blockier-System, sondern Acrylnitril-Butadien-Styrol-Copolymer. Bei diesem Kunststoff ist nicht nur der Name kompliziert.
Angeblich ist ABS das zweitbeliebteste 3D-Druckmaterial im privaten Bereich.
Klar – die Nr. 1 ist der Kunststoff PLA, die Polymilchsäure, und das ist auch kein Wunder: PLA ist ungiftig, geruchlos, gutmütig beim Drucken, preiswert und so weiter. Warum sollte man je ein anderes Material drucken? Und wenn schon, warum dann ABS?

Meine Erfahrungen mit ABS waren ernüchternd.
Das Material ist echt eine Diva. Schön heiss muss es sein, sauber und bitte keine Zugluft. Und anstatt beim Drucken gut an der 90° warmen Bodenplatte zu kleben und sich danach leicht abzulösen, ist es leider genau umgekehrt: Mal haftet das ABS garnicht oder löst sich beim Drucken irgendwann ab. Oder aber es haftet so gut am Druckbett, dass beim Trennen wahlweise das Objekt oder das Druckbett zerstört wird. ABS stinkt ausserdem beim Drucken und schrumpft beim Erkalten, und weil es so spröde ist, gibt es ständig Sprünge. Original Lego-Steine sind zwar auch aus ABS, aber mein ABS-Lego-Klon ist unbrauchbar (siehe Titelfoto). Kurz – ohne wichtigen Grund wollte ich das Material nicht mehr anfassen.

Das gute PLA hat leider auch ein paar Nachteile.
Es ist ja umweltfreundlich, sogar biologisch abbaubar, eigentlich super. Aber das heisst leider auch, dass es draussen in der Natur schnell an seine Grenzen kommt.

Befestigung aus PLA im Einsatz. Da sieht sie noch gut aus.

Mein Projekt: Befestigungen für die Regenrinne.
Ich hatte für die Montage einer Regenrinne Befestigungen entworfen und gedruckt, weil die Teile aus dem Baumarkt zu kurz waren. Nach einem Jahr bei Wind und Wetter sahen sie aber ziemlich traurig aus:

Leider nicht sehr witterungsbeständig

Sonne, Feuchtigkeit und Frost haben die Schichten gesprengt. Nun ja, ABS ist halt doch stabiler und temperaturbeständiger. Zeit für einen neuen Anlauf mit dem ungeliebten ABS. Ich nutzte die Gelegenheit, um auch das Design anzupassen (mit TinkerCAD):

Die Lage beim Drucken macht den Unterschied.
Es ist schon so: Die Schwachstelle beim schichtweisen 3D-Drucken – egal welches Material – ist die Haftung der Schichten aufeinander. Ich habe die neuen Halter beim Drucken jetzt quasi auf den Kopf gestellt, so dass die Regenrinne dann weniger an den Schichten „zieht“.
Nach ein paar Versuchen klappte es: 245 °C Drucktemperatur, Drucker unter die Wärmehaube und am Schluss schnell die Teile ablösen, damit es beim Erkalten nicht schon wieder Risse gibt (siehe unten). Die Dreieckslöcher sollen auch Spannungen vermindern.

Neues Design – neues Material – schräge Schichten

Nun folgt der Praxistest.
Ich hoffe, die Montageteile halten jetzt für eine lange Zeit. Noch besser für den Ausseneinsatz und auch besser zu drucken soll aber das Material PETG sein, ein Verwandter vom Flaschen-PET. Das werde ich bald einmal ausprobieren; die erste Rolle liegt schon bereit. Und wenn es gut kommt, ist Schluss mit ABS!

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